Wenn man einen Innsbrucker Kletterer zwischen September und Mai fragt, welche Pläne er für das verlängerte Wochenende habe, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er mit „Arco“ antwortet. Ein kurzes Wort mit großer Bedeutung für alle Felsbegeisterten und Urlaubshungrigen. (Gregor Staggl)
Dieser kleine Ort im Sarcatal nördlich des Gardasees vereint nämlich alles, was sich ein Kletterer für seine Freizeitgestaltung so vorstellen kann. Italienisches Urlaubsfeeling mit Pizza, Wein und einer Tüte Eis; mediterranes Klima inmitten von Palmen und Olivenhainen, ein kleines Städtchen mit verwinkelten Gassen und lebendigen Plätzen und natürlich Felswände aus bestem Kalk wohin man auch schaut. Ob Genießer oder immer hart am Limit, ob Anfänger oder Weltcupprofi, hier kann sich ein jeder Kletterer nach Herzenslust austoben. Das beinahe überabzählbare Routenangebot erstreckt sich von bester Sportkletterei bis hin zu technischen Bigwalls und blättert man einmal durch einen der Kletterführer, so beschließt man bald, dass man noch öfters wiederkommen muss.
So kann es einem auch gehen, wenn man mit einem kühlen Bier auf der Terrasse der Pizzeria La Lanterna sitzt und auf die kompakte Felswand der Rupe Secca blickt. In der Abendsonne werfen die mächtigen Dächer im oberen Teil bereits lange Schatten und man überlegt, ob es nicht vielleicht eine Route gibt, die sich einen Weg durch diese bahnt.
Mescalito heißt die Linie. 1982 von den Herren Vettori und Bernard erstbegangen findet sie einen logischen Weg durch die kompakten Platten bis hin zur beeindruckenden Felsnase, wo man dann mit akrobatischer Kletterei 200 m über dem Boden testen darf, wie stark der eigene Kopf wirklich ist. Gut mit Bohrhaken abgesichert bleibt die Route meist im oberen 6. Grad (UIAA) und die beiden 8er-Seillängen können mit Bohrhakenhilfe auf 6+/A0 abgeschwächt werden. Dabei bietet sie 260 m beste Kletterei durch Platten, Verschneidungen und ein spektakuläres Dach.
Dieses Ziel haben Hemmi und ich im Kopf als wir früh morgens von Innsbruck aufbrechen. Der Wetterbericht meldet Sonne und so packen wir die Gelegenheit, um dem bevorstehenden Winter gen Süden zu entfliehen und dieses langersehntes Projekt zu versuchen. Zweieinhalb Stunden später biegen wir am Parkplatz der Lanterna ein und während wir unsere Ausrüstung organisieren, schweift unser Blick immer wieder zu den ausladenden Dächern, die uns später noch bevorstehen werden.
Kurz darauf beginnt das Vergnügen und ich steige in die grüne Verschneidung der ersten Seillänge ein. In Wechselführung geht es weiter und in der dritten Länge erwarten mich bereits die ersten 8er-Passagen. Mit dem geheimen Ziel einer Rotpunkt-Begehung im Hinterkopf kommt das Hakenziehen für mich überhaupt nicht in Frage und so arbeite ich mich an den kleinen Leisten Stück für Stück empor bis ich mit Erleichterung „Stand“ rufen kann.
Nun führen zwei Längen durch leichteres Gelände, bevor Hemmi die anspruchsvolle graue Verschneidung vorsteigt, die zum letzten Stand unterhalb des Dachs führt. Hier verharren wir noch kurz im Schatten der Felsnasen und studieren den Routenverlauf. Mein Herz pocht, doch auf den ersten leichteren Metern kann ich mich beruhigen und finde einen guten Rhythmus. In der Platte vor dem Dach erwarten mich ein paar spannende Bewegungsprobleme. Immer wieder muss ich meinen Schwerpunkt von einer Seite auf die andere verschieben und dabei die Spannung zwischen zwei Schultergriffen halten. Schließlich erreiche ich eine Rastposition unmittelbar vor der Dachkante. Ich schüttle ausgiebig und schaue mir die Stelle nochmal genau an. Nach einem tiefen Atemzug lehne ich mich von meinem Rastgriff nach außen. Ich taste herum und erfühle einen Griff mit dem ich mich weiter raus arbeite. Nun kann ich über die Dachkante greifen, wo ich einen Bombenhenkel finde. Erleichterung! An Klimmzugpower hat es mir noch nie gefehlt und so zieh ich schwungvoll über die Dachkante und erreiche den Stand.
Die Austiegslängen runden dieses Klettererlebnis noch genussvoll ab und wenig später sitzen Hemmi und ich wieder auf der Terrasse der Lanterna und lassen die Tour bei Pizza und Bier Revue passieren. Die langen Schatten der Dächer wirken nun gar nicht mehr so bedrohlich und unsere Freude über die gelungene Begehung ist groß.
Vergesst nicht auf die 3 x ROCK ’n‘ YOGA Wochenenden in Italien I 29. April – 1. Mai 2016 I 13. Mai – 15. Mai 2016 I 26. Mai – 29. Mai 2016 I Wir beginnen den Tag mit einer Yoga-Praxis, um dann die Felsen rundum entdecken zu können.